Authentizität (=echt, verbürgt, zuverlässig)

Da können sich die jungen Retro-Bands noch so sehr anstrengen – sobald die grau gewordenen Damen und Herren aus der Blütezeit der Rockmusik etwas „Bedeutsames“ von sich geben, eine neue Platte veröffentlichen oder auf Tournee gehen, ist es vorbei mit der Medienpräsenz.

Besonders deutlich wurde dies vor einigen Wochen angesichts einer nun wieder möglichen Reunion von Led Zeppelin. Die wildesten Spekulationen ausgelöst hatte deren Sänger Robert Plant mit seiner Bemerkung „Ich habe 2014 noch nichts vor …“, die offensichtlich selbst den kleinsten Lokalzeitungen eine Meldung wert war. Wie sehnsüchtig auch heute noch ein Lebenszeichen dieser Band erwartet wird, zeigte sich zuletzt 2007 bei der Ankündigung ihres Charity-Konzertes in der Londoner 02-Arena, an dem 20 Millionen Menschen (!) teilhaben wollten. Letztlich hatten nur 16.000 Besucher das Glück, eine der raren Karten zu erlangen. Was die Zuschauer sahen, war nicht der Auftritt einer „Altherren-Combo“, die noch einmal ihre alten Hits nachdaddelt, sondern ein fulminanter Donnerschlag, der vielen jungen Bands mächtig in die Glieder gefahren sein muss (das Konzert ist mittlerweile auf CD und DVD erschienen – „Celebration Day“ – und liefert einen lauten Beweis dafür, wie wichtig „Authentizität“ in der Rockmusik immer noch ist).

Bei David Bowie war es ganz ähnlich. Als am 8. Januar 2013 nach langer, langer Zeit eine neue Single mit dem Titel „Where Are We Now?“ erschien, brummte es bereits mächtig in all den Redaktionen, Blogs, Facebook- und Twitter-Accounts dieser Welt. Und jetzt legt er mit „The Next Day“ auch noch eine komplette neue Platte auf unseren Gabentisch, die es in sich hat. Die Platte ist duchaus nostalgisch, irgendwie kommt jede Sound-Innovation, die Bowie in seiner Karriere geschaffen hat, noch einmal zum Einsatz, es ist ein Abschreiten seines musikalischen Horizonts und Könnens. Es ist eine frische, selbstbewusste Platte, die meines Erachtens durchaus neben alten Bowie-Platten bestehen kann und neben anderen aktuell veröffentlichten sowieso.

Schon im letzten Jahr machte eine neue Platte von Patti Smith von sich reden, die man so nicht mehr von ihr erwartet hätte. „Banga“ präsentierte eine gereifte und abgeklärte Künstlerin und Dichterin, die vor einer geradezu genial und detailreich agierenden Band zur Höchstform aufläuft. Insbesondere die längeren Stücke erinnern stark an ihre eigenen Anfänge und irgendwie auch an die phänomenale LP „An American Prayer“ von 1978, auf der die übrigebliebenen Doors-Mitglieder Gedichte von Jim Morrison vertonten, die dieser 1969 aufgezeichnet hatte.

Alle drei Platten bzw. Künstler sind Belege dafür, dass Authentizität ein Schlüsselbegriff der Rockmusik ist, der die offensichtlich immer noch vorhandene Sehnsucht nach dem „Echten, Guten und Wahren“ erklärt, aufnimmt und vervielfacht. Die aktuelle populäre Musik wird dagegen oft als kommerziell und damit nicht authentisch wahrgenommen, deren einziger Zweck es wohl sei, verkauft zu werden. Der Begriff Authentizität ist natürlich nicht unumstritten, aber ich freue mich darüber, dass mit ihm der eigentliche Wert der (Rock-)Musik als Kunstform wieder mehr in den Vordergrund rückt.

Authentische Rockmusik wird im Folgenden dargeboten von Led Zeppelin („Kashmir“), David Bowie („The Stars (Are Out Tonight)“) und Patti Smith („Nine“).

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Wilfried

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