Bootlegs

Wer Platten, CDs und andere Tonträger sammelt oder wer absoluter Fan einer bestimmten Band oder eines bestimmten Künstlers ist, wird irgendwann den Bootlegs begegnen. Unter Bootlegs verstehen wir nicht autorisierte Tonaufzeichnungen und Mitschnitte von Live-Konzerten, die auf ebenso illegal hergestellten Tonträgern verbreitet werden. Sie sind nicht zu verwechseln mit den Schwarz- oder Raubpressungen, die zumeist illegale Kopien von bereits veröffentlichten „offiziellen“ Platten darstellen. Beiden, den Bootlegs wie den Raubpressungen, ist aber gemein, dass die Musiker und deren Plattenfirma weder Geld noch irgendeine andere Gewinnbeteiligung erhalten.

Dennoch hegen sowohl die Sammler als auch die Produzenten von Bootlegs in der Regel keine kommerziellen und letztlich auch keine kriminellen Absichten. Ihnen geht es darum, möglichst viele Konzertmitschnitte bestimmter Musiker zu besitzen bzw. zugänglich zu machen, die keine Plattenfirma aufgrund ihrer schieren Menge jemals veröffentlichen könnte.

Die Soundqualität der erstmals in den späten Sechziger Jahren mit den erfolgreichen Konzerttourneen zahlreicher Rockmusiker aufkommenden Bootlegs war zunächst eher mäßíg, da die Live-Mitschnitte mit aus heutiger Sicht recht primitiven Mitteln erstellt wurden. Aktuellere Bootlegs weisen dagegen aufgrund der heutigen Möglichkeiten mit digitalen Aufnahmetechniken häufig eine Qualität auf, die den Veröffentlichungen der Plattenfirmen in nichts nachsteht.

Gleichzeitig gibt es natürlich auch Bootlegs von Aufnahmen, die eigentlich für eine legale Veröffentlichung vorgesehen waren oder aus Mitschnitten von Fernseh- oder Radio-Shows stammten, aber aus bestimmten Gründen – zumeist rechtliche Streitigkeiten zwischen den Künstlern und ihren Plattenfirmen – nicht erschienen sind. Legendär sind Bootlegs mit Live-Mitschnitten von besonders intensiven und außergewöhnlichen Konzerten mit einzigartigen Momenten, die so nirgends sonst zu kaufen, hören oder sehen waren. Auf ihnen erlebt man eine rauhe und direkte Atmosphäre, die etlichen offiziellen Live-Platten vieler Musiker vollkommen abgeht, da diese oftmals in erheblichen Maße nachbearbeitet wurden.

Bootleg-Cover, http://bootlegtunzworld.blogspot.com/Bootleg-Cover, http://bootlegtunzworld.blogspot.com/

Dazu zählen zahlreiche Bootlegs von z.B. Pink Floyd, Bruce Springsteen, Queen oder etwa den Rolling Stones, deren Aufnahmen von den Konzerten in London und Brüssel vom September/Oktober 1973 – als offizielle Live-Platte vorgesehen und aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht – die besten Konzertaufnahmen der Rolling Stones überhaupt sein dürften. Für Fans ebenso legendär ist beispielsweise auch das Bootleg mit Status Quo’s Auftritt auf dem Weeley Festival of Progressive Pop am 29. August 1971, auf dem die Band noch erkennbar nach ihrem Sound suchte und weit von ihrem späteren Hitparaden-Könige-Status entfernt war. Allein die 31-minütige Killer-Version von „Is It Really Me? Gotta Go Home“ mit Bass-Solo und stürmischen Flageolett-Gitarren-Tönen, die man so nie wieder gehört hat, rechtfertigt für einen Fan/Sammler (fast) jeden Preis …

Die Musikindustrie ging und geht gerne rigoros gegen die Bootleg-Szene vor. Ihr Argument, die Bootlegs würden ihre Einnahmen schmälern, mutet jedoch ein wenig abstrakt an, da sie diese Aufnahmen doch in der Regel nie veröffentlichen würden. Die Musiker selbst beziehen zumeist nicht so eindeutig Stellung gegen oder für die Bootlegs. Vor allem in den frühen Siebziger Jahren war es auch eine Sache des Prestiges, dass illegale Aufnahmen von ihren Konzerten erschienen – ein Indiz dafür, dass sie es geschafft hatten.

Bands wie Pearl Jam, Grateful Dead, Allman Brothers Band, U2, Black Crows, Radiohead, Sonic Youth und Wilco erlaubten oder erlauben ihren Fans ausdrücklich, zu privaten Zwecken ihre Konzerte mitzuschneiden. Andere Bands wie Status Quo produzieren ihre Bootlegs gleich selbst. Der Live-Mitschnitt ihres bereits Monate vorher ausverkauften Konzerts in der Heineken Music Hall in Amsterdam am 19. Oktober 2010 wurde gleich nach dem Ende auf CD gebrannt und sozusagen druckfrisch gegen geringes Geld an die Konzertbesucher verkauft.

Die Bootleg-Szene ist im Internet sehr präsent. Auf den einschlägigen Seiten kauft man jedoch zumeist keine „Downloads“ (die bei den meisten Sammlern verpönt sind), sondern LPs oder CDs aus vielen Ländern der Erde. Eine kleine Auswahl:

U2 bootleg cover archive

status quo collectors page bootleg albums

status quo bootlegs

Pink Floyd RoIO Database Homepage

The Pink Floyd Vinyl Bootleg Guide

Slik’s Tricks

Bootleg Zone

Wikipedia: Bootleg

The weeley festival 1971

Das folgende Youtube-Video macht deutlich, mit welchem Sound Bootleg-Käufer in den Siebziger Jahren rechnen mussten. Wir hören und sehen Marc Bolan und T.Rex mit einer Live-Aufnahme des eher unbekannten Songs „Elemental Child“ aus dem Jahr 1971, die es meines Wissens nicht mal auf LP, sondern nur auf einem VHS-Video gibt.

Wilfried

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