Das digitale Plattenregal

Die LP ist wieder da„, hieß es auch auf diesen Seiten schon, von einer „Vinylmania“ ist gar die Rede. Und doch ist die Schallplatte nach wie vor nur ein Nischenprodukt, der Anblick eines prallgefüllten Plattenregals ein seltener Anblick – die aktuelle Welt des Musikhörens sieht ganz anders aus.

Plattensammlung an der kanadischen Waterloo-UniversitätSchallplattensammlung an der kanadischen Waterloo-Universität
Foto: Martin
Lizenz: Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0)

Vorbei ist selbst die Zeit des Downloads von riesigen Mengen digitaler Sounds aus dem Internet, mit denen viele „Musikfreaks“ ihre Festplatten füll(t)en. Streaming-Dienste sind mittlerweile das Maß aller Dinge, sie könnten das Konsumverhalten der Musikhörer radikal verändern. Sie bieten rund um die Uhr Zugriff auf Musik, die man hören kann, ohne sie zu besitzen, und zwar überall, wo man sich gerade befindet. Insofern steht nicht mehr – man glaubt es kaum – der Erwerb, sondern das Hören von Musik im Vordergrund.

Technisch funktioniert das mittlerweile fast perfekt, wie z.B. der deutsche Streaming-Dienst „Simfy“ demonstriert. Nach dem Herunterladen und Installieren des „Simfy-Players“ hat man völlig legal in der kostenlosen Variante monatlich 20 Stunden Zugriff auf mittlerweile über 13 Millionen Songs in höchster Qualität. Flankiert wird der Player von diversen Werbeeinblendungen, die aber nicht weiter „stören“. Zuweilen wird zwischen zwei Stücken ein kurzes Werbevideo eingeblendet, auch das ist auszuhalten.

In den kostenpflichtigen Varianten gibt es keine Werbeeinblendungen mehr, die zeitliche Beschränkung fällt weg, für den mobilen Hörer stehen zahlreiche Apps zur Verfügung, und man kann die Songs sogar downloaden – wenn man darin noch einen Sinn sehen sollte. Simfy finanziert sich über die genannten Werbeeinblendungen sowie über die Premium-Dienste, die Künstler erhalten Tantiemen für jeden gespielten Song.

'Deutschlands großes Musikportal': Simfy„Deutschlands großes Musikportal“: Simfy

Neben solchen Geschäftskonzepten werden es zukünftig selbst der einstige Himmelsstürmer-Shop „iTunes„, der den Vertrieb von digitalen Kopien erstmals profitabel machte, oder Dienste wie „Freeload.de„, wo man legal und gratis Musik downloaden kann, schwer haben.

Natürlich enthält das Streaming-Portal von „Simfy“ viele Mainstream-Songs und Hits aus den Charts, aber unter 13 Millionen Songs ist wirklich für alle etwas dabei (17 Millionen Songs sollen es mal werden): „Gong“, „Quicksilver Messenger Service“ oder gar „Fever Tree“ kennt heute kaum noch jemand, zu hören sind sie dennoch.

Niemals zuvor entschied der „Zugang“ so sehr über den Konsum und den Genuss von Musik. Schallplattensammlungen und Plattencover haben zweifelsohne ihren (bleibenden) Reiz, aber die Streaming-Dienste werden den Alltag unserer Zukunft bestimmen. Selbst der Musikfreak hat bald wieder Platz im Wohnzimmer, der Sound kommt dann via Internet aus Lautsprechern mit integriertem WLAN.

Selbstverständlich auch bei „Simfy“ zu hören: die US-Band „Dengue Fever“ mit kambodschanischer Sängerin verbindet kambodschanische Popmusik mit westlichem psychedelischen Rock (!). Tolle Musik von einer sehr guten neuen Band, wie der Song „Uku“ (hier in einer Live-Version) von ihrer 2011er LP „Cannibal Courtship“ beweist.

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Wilfried

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