„Das wummernde Museum“ ↑ lautet der Titel eines launigen Beitrags von Philippe Zweifel im Schweizer Tagesanzeiger über die Neuaufnahme der Zürcher Technokultur in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Schweiz – neben so illustren regionalen Ereignissen wie dem „Sechseläuten“, dem „Knabenschiessen“ oder den „Räbeliechtli“-Umzügen …
„Wahrscheinlich schlug man Techno auch für die Liste vor, um dem Anspruch der «lebendigen Tradition» gerecht zu werden. Doch wie lebendig ist die Szene? Imposante Besucherzahlen in den Clubs können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die elektronische Musik auf der Stelle tritt. Dass das ehemalige Underground-Phänomen nach der Euphorie der 1990er kommerzialisiert wurde, ist zwar ein Naturgesetz der Unterhaltungsindustrie. Zu denken geben aber muss, dass die meisten Dance-Music-Produzenten sich damit begnügen, die eigene, kurze Musikgeschichte zu repetieren. Die Elektrobässe der 80er, Deep House und Rave der 90er haben alle schon ein Revival hinter sich. Das Dance-Genre rezykliert sich, macht sich zum wummernden Museum“.
Dem Goethe-Institut ↑ ist darüber hinaus aufgefallen, dass sich deutsche Museen immer öfter Musik ins Haus holen und dass im Gegenzug auch die Musik immer mehr die Nähe zu den Museen sucht. Konzerte und Konzertreihen in Museen sind zwar an sich kein neues Phänomen, aber auffallend ist doch, dass auch „populäre“ Musik wie die Rock- und Pop-Musik zunehmend in Museen zu finden ist – sei es als Konzert oder in Form einer Ausstellung.
In den Museen selbst findet man das durchaus logisch: „Dass Popmusik in Museen stattfindet, ist schon deshalb folgerichtig, weil sich auch dieses Segment selbst in einer Phase der Historisierung beziehungsweise Musealisierung befindet“ (Ulrike Groos und Sven Beckstette, Direktorin und Kurator des Kunstmuseums Stuttgart, s.o.).
Offensichtlich können sich so manche Akademiker*innen mit dem Thema Rock- und Pop-Musik nur mittels eines Blicks in den Rückspiegel beschäftigen. Die Rockmusik ist zweifellos ein Produkt des 20. Jahrhunderts und als solche nicht mehr neu, aber selbst die heute als „neu“ gepriesenen musikalischen Trends sind letztlich auch schon 20 oder 30 Jahre alt. Die Schablonisierungen und Chronolisierungen von Musikindustrie und Musikjournalisten haben der Rockmusik nicht wirklich gutgetan, die Museen sollten diesen Fehler vermeiden.
Mut machen auf der anderen Seite Querdenker wie Okwui Enwezor, dem Leiter des Münchner „Haus der Kunst“, der sein Museum zu einer „Universalbühne“ für Kunst und Musik umbauen möchte und der sich in diesem Zusammenhang auch vorstellen kann, in einem/seinem Museum Musik nicht nur auszustellen, sondern auch zu produzieren. Das wäre wahrlich ein spannendes Experiment, dass selbst der betagten Rock- und Popmusik vermutlich wieder Relevanz und Aktualität verschaffen würde.
Kraftwerk sind seit ihren Auftritten in diversen internationalen Museen Teil der Hochkultur – hier mit „The Robots“ bei einem Auftritt im New Yorker „Museum Of Modern Art“ -, ob das gut oder schlecht ist, muss wohl jede(r) für sich selbst entscheiden …
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Wilfried