Schon 2018 meldete der Bundesverband Musikindustrie e.V. ↑, dass die digitalen Musikformate die analogen Tonträger bei der Generierung der Umsätze überholt hätten, ein Trend, der sich trotz der beharrlich wachsenden Vinyl-Verkäufe auch 2019 fortgesetzt hat. Die Streamingdienste wie Spotify, Apple Music oder Deezer bestimmen mehr und mehr die Umsätze der Musikindustrie mit Folgen logischerweise auch für die Musikhörer*innen und die Musiker*innen selbst.
Gerade die Musiker*innen beklagen seit langem die Cent-Beträge, die sie von den Streamingdiensten für das Abspielen ihrer Songs erhalten. Und tatsächlich muss man sich schon fragen, warum z.B. der Portishead-Gründer Geoff Barrow, einer ihrer besonders lautstarken Kritiker, für sage und schreibe 34 Millionen Streams seiner Musik auf Apple Music, YouTube und Spotify 2015 nur etwa 2500 Dollar erhielt.
Das die Abrechnungssysteme komplex sind und ja – wie im (Rock-)Musikgeschäft schon immer üblich – viele Leute an den erwirtschafteten Milliarden mitverdienen wollen, ist ein häufiges, aber auch undurchsichtiges Argument der Profiteure. Laut einem Bericht des Musikexpress vom 01.11.2019 („Neues Modell: Wie Streamingdienste Musiker fairer bezahlen wollen„) ↑ geht die potentiell vorherrschende Ungerechtigkeit sogar noch ein ganzes Stückchen weiter. Bei allen großen Anbietern werden die Gelder an die Künstler nach deren Marktanteil ausgeschüttet. Das führt folgerichtig dann sogar dazu, dass z.B. selbst die Hörer*innen von obskuren Underground-Bands, die nichts anderes hören, Musiker*innen mitfinanzieren, die sie selbst niemals gehört haben und wohl auch nicht hören würden.
Eines der wichtigsten Argumente für das Abo eines Streamingdienstes, dass man nämlich durch häufiges Hören seine Lieblingskünstler*innen gezielt unterstützen könnte, ist also gar keins. Und für die eben erwähnten Underground- oder Indie-Bands bedeutet das neben der ohnehin extrem niedrigen Auszahlungsrate weitere schmerzhafte Einbußen.
Immerhin kündigt der Streaminganbieter Deezer ↑, der seine Hörer überwiegend in Frankreich, Deutschland und Brasilien hat, hier für das nächste Jahr eine Änderung an. Danach sollen ab 2020 die erwirtschafteten Einkünfte nach einem neu entwickelten Abrechnungssystem namens UCPS (User-Centric Payment-System) verteilt werden. Mit diesem System sollen Einnahmen dann auch wirklich nur noch an die Bands gehen, die die Hörer*innen sich auch angehört haben. Damit soll mehr Fairness in das Musikgeschäft einziehen und gleichzeitig eine bessere Unterstützung der einzelnen Künstler*innen und ihrer Genres möglich werden.
Die Planungen von Deezer gehen ohne Zweifel in die richtige Richtung und erfüllen einen großen Wunsch musikinteressierter Menschen. Wenn jetzt auch noch die drängende Frage geklärt werden würde, warum trotz der Milliarden-Ausschüttungen der großen Streamingdienste nur Minimal-Beiträge bei den Bands ankommen bzw. ankommen sollen, würde das Musikgeschäft doch in einem etwas angenehmeren Licht erscheinen …
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Wilfried