Dem Radio geht es gut, den Hörern auch?

Dem Radio geht es gut. Laut einer aktuellen Media-Analyse der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. (agma) ↑  schalten drei von vier Deutschen täglich das Radio ein. Klagen gegen den Rundfunkbeitrag werden in deutlicher Regelmäßigkeit von der deutschen Justiz abgeschmettert. Unlängst hat sogar die Unesco den 13. Februar zum Welttag des Radios ↑ erklärt, um auf die wichtige Bedeutung dieses Mediums aufmerksam zu machen, ohne das viele Menschen von Informationen und Bildung ausgeschlossen wären.

Anders als bei den privaten Radio- und TV-Sendern (bei denen man eine Wahl hat), lassen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Hörerin und dem Hörer keine Wahl, zumindest was die Beitragszahlung angeht. Gemäß ihres Auftrags müssen die verschiedenen Programme aber „den Zuschauern und Zuhörern umfassend und ausgewogen Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung anbieten“, wie es die Wikipedia ↑ formuliert.

Das Programmangebot des Radios ist neben dem Zwangsbeitrag der zweite große Zankapfel, an dem sich viele Kritiker abarbeiten. Und tatsächlich ist es wohl auch kaum zu bezweifeln, dass Hörerinnen und Hörer, die an einem ernsthaften, „umfassenden und ausgewogenen“ Musikangebot interessiert sind, ein solches Musikangebot im Radio nicht finden werden. Vor allem die Rockmusik wird zuerst in nächtliche Nischen abgedrängt und dann vollends abgeschaltet, weil ja ohnehin kaum jemand zuhören würde.

Vorbei ist die Zeit, in der bestimmte Radio-Programme ganze Generationen mit neuer, frischer, unverbrauchter (Rock-)Musik bekannt gemacht haben und einen wesentlichen Einfluß auf deren jeweilige Rock-und-Pop-Kultur hatten. Wie sehr hier bereits ein regelrechter Kahlschlag stattgefunden hat, bekommt man in der Regel nicht ohne weiteres mit. Es sei denn, es regt sich Widerstand wie 2015, als der Sender Bayern 3 sich mit der Abschaffung der „Nightlife“-Reihe der Rockmusik gleich gänzlich entledigte. In der Folge organisierten sich zahlreiche bayerische Rockbands unter dem Motto „Nightlife Defenders“ und erschufen mit dem Rockstück „I Want My Rock On The Radio“ einen weithin hörbaren Protestruf (ClassicRock – Nightlife Defenders: Wir wollen unseren Rock’n’Roll ↑).

Stimmen die Informationen auf der Facebook-Seite ↑ der Initiative, so lautete ein (bekannt klingendes) Argument der Radiomacher für die Abschaltung, dass den Rockformaten doch „langsam die Hörer wegsterben“. Sollte das Durchschnittsalter der Nightlife-Hörerinnen und -Hörer aber tatsächlich bei 43 liegen, wäre diese Argumentation wirklich zynisch und eine plumpe Machtdemonstration …

Und der Kahlschlag geht weiter. Gerade hat es das „Funkhaus Europa“ erwischt, eines der letzten noch atmenden Programme des WDR, in dem DJ-Größen aus aller Welt auch „Weltmusik“, aber vor allem eben Musik aus aller Welt präsentierten: Clubsounds vom europäischen Rand, aus Brasilien und Afrika neben staubtrockenem Wüstenrock aus Mali oder Krautrock-Adaptionen aus Chile. Auch hier scheint es den Sender nicht zu stören, dass das Argument von der mangelnden Reichweite in klarem Widerspruch zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht, bei dem eben die Reichweite keine Rolle spielen sollte (Spiegel Online – Reform von „Funkhaus Europa“: Hitradio Dudelfunk ↑).

Wie dem auch sei, die Hörerinnen und -Hörer, die weiterhin an guter, klassischer wie neuer Rockmusik interessiert sind, sind ohnehin längst ins Internet abgewandert und haben dort ihre Resignation vermutlich rasch überwunden. Musik-Suchmaschinen wie Radio Tuna ↑ helfen dabei, wahrlich „unbegrenzt“ die beste Musik aus allen Genres genießen zu können. Hier merkt man schnell, dass die Rockmusik nicht nur nicht tot ist, sondern lebendiger und vielfältiger denn je.

Der Song von den Nightlife Defenders „I Want My Rock On The Radio“ ist bei Youtube zu hören und kann bei Soundcloud ↑ kostenlos heruntergeladen werden.

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„Kila & Oki“ sind ein typisches Beispiel für die Musik, mit der das „Funkhaus Europa“ sich eine große und feste Fan-Gemeinde erarbeitete. Die Kooperation der irischen Folk- und Weltmusik-Band „Kila“ mit dem japanischen, die „Tonkori“ spielenden Freak „Oki“ aus Japan brachte eine witzig-krude Musikmischung hervor, die von ferne an den „Freak-Folk“ der frühen 1970er Jahre erinnert, aber letztlich eine ganz eigene Musik darstellt, die vielleicht neben mir auch noch weitere Fans gewinnen mag.

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Wilfried

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