Wann immer vom Krautrock oder gar vom Comeback des Krautrock die Rede ist, fallen Namen wie Amon Düül, Embryo, Guru Guru, Popol Vuh, Can, Faust, NEU! und viele andere mehr. So unterschiedlich diese Bands auch waren, es einte sie sicherlich etwas, das seine Wurzeln in der irgendwie typischen Atmosphäre der 1970er Jahre hatte.
In dem oben verlinkten ZEIT-ONLINE-Artikel wird dies wie folgt beschrieben:
„Man kann sich die Siebziger zumindest in musikalischer Hinsicht als unschuldige, fruchtbare Zeit vorstellen. ‚Kommerz‘ war damals ein Totschlagargument. Der wahre Künstler hatte brotlos mit einem klapperigen Tourbus durch die Welt zu ziehen. Er hatte ‚unabhängig von angloamerikanischen Vorbildern‘ zu sein, solche musikstalinistischen Phrasen las man damals tatsächlich. Aber in der Abschottung lag auch eine Chance, weil in Deutschland damals Gewächse ganz eigener Art gediehen, so wie es heute in Norwegen oder Neuseeland der Fall ist. In den repetitiven Beats, im Aufeinandertreffen von teutonischem Grübler- und entgrenztem Hippietum, entstand etwas Urdeutsches, aber zugleich auch Authentisches. Und das ist genau die Sorte Krauts wie man sie schätzt im Rest der Welt; mögen die Bands nun Kraftwerk heißen oder Rammstein.“
Wie immer, wenn man mit einem solchen Raster an Musik herangeht, fällt vieles, was nicht richtig passt, heraus. Auch wenn sicher zahlreiche deutsche Bands etwas „Eigenständiges“ schaffen wollten, gab es doch durchaus auch eine größere Anzahl Musiker, die sich an internationale Vorgaben anlehnten und auch einen Erfolg in diesen Dimensionen sicher geschätzt haben bzw. hätten. Das bekannteste Beispiel für Bands dieser „Art“ sind wohl die Scorpions, die ab ihrem zweiten Album massenkompatiblen Hard- und Heavy-Rock spielten und damit „die Welt eroberten“.
Doch es gab auch andere „internationalisierte“ Perlen im deutschen Underground der 1970er Jahre, an die man sich durchaus erinnern darf.
Der talentierte Gitarrist Holger Schmidt hatte schon 1965 seine erste Band „Groove“ gegründet, aus der bald darauf „Second Life“ entstanden, die sich wiederum Anfang der 1970er Jahre zu „Tiger B. Smith“ entwickelten, die einige Jahre lang einen gehörigen Wirbel in der deutschen Musiklandschaft entfachen sollten.
„Tiger B. Smith“ wollten den Erfolg, das war eindeutig. Man spielte fetzigen Heavy Blues und progressiven Hard-Rock, präsentierte sich mit wilder Kleidung und expressiver Gesichtsbemalung als die deutschen „Glam-Rocker“ und zerfetzte auf der Bühne auch gerne mal musikalisch die deutsche Nationalhymne in Jimi-Hendrix-Manier, was damals durchaus noch ein Aufreger war.
Als die Band dann schliesslich anlässlich eines Fernsehauftritts einen echten Tiger mit ins Studio brachte und dort Entsetzen und Chaos auslöste, hatte die Band erreicht, was sie wollte: bald erschienen Berichte in der Bravo und im Musikexpress und selbst im Spiegel, Holger Schmidt galt nun als der deutsche Jim Morrison, es folgten Tourneen und Hits in den internationalen Charts.
Der amerikanische Fernsehsender AFN brachte gar ein 45-minütiges „Tiger“-Special, das nicht unerheblich zu der auch heute noch in Ansätzen vorhandenen Popularität der Band in den USA beitrug.
Nach dem Split von „Tiger B. Smith“ 1975 hinterließ Holger Schmidt weitere Spuren in der deutschen Musikszene, sei es 1977 in der relativ erfolglosen, aber einflussreichen Deutsch-Punk-Band „Strassenjungs“ oder später in den 1980ern bei den Electropoppern „Tokyo“.
Zumindest in ihre erste LP „Tiger Rock“ von 1972 sollte man durchaus reinhören, allein der fast zehnminütige Psychedelic-Blues-Jam „To Hell“ ist den Kauf der ganzen Platte wert und beweist, dass die Band viel besser war als ihr Ruf, und mit dem eingängigen Rocker „Tiger Rock“ zeigte man, mit welcher Musik man 1972/73 auch als deutsche Band internationale Charts-Notierungen erreichen konnte.
Wilfried