Wer am Sonntag den 29. Juni 2014 noch ganz erfüllt ist von den Klängen und Vibes der DJ-Night 2014, sich aber zu matt fühlt für weitere Unternehmungen an diesem Wochenende, kann sich alternativ ohne schlechtes Gewissen vor den Fernseher setzen: ARTE sendet um 21.35 Uhr die sehenswerte Doku „Wir, die Teenager“ ↑, in der über die Entdeckung der Jugend erzählt wird.
Basiert auf dem popkulturellen Basiswerk „Die Erfindung der Jugend“ („Teenage: The Creation of Youth Culture“) von Jon Savage wird auf spannende Weise der Entwicklung der Jugendkultur nachgespürt. Mit der Abschaffung der Kinderarbeit um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert wurde plötzlich mit der „Jugend“ ein quasi „neuer“ Lebensabschnitt entdeckt, der seitdem eine rasante und gesellschaftsverändernde Entwicklung genommen hat – zumindest bis vor einigen Jahren.
In dem Artikel „Ende der Unschuld“ fragt TVSpielfilm in der Berichterstattung über diese Doku provokativ „Was kommt nach Halbstarken, Hippies, Punks? 60-jährige mit Basecap! […] Nach den Halbstarken der 50er-Jahre und den wilden 60ern und 70ern, in denen das Aufbegehren politisch wurde und die Heranwachsenden auf Konfrontationskurs gingen, scheint heute der Drang junger Leute nach Abgrenzung von der Erwachsenenwelt weitgehend erlahmt. Nur wenige Teenager brechen noch radikal mit der Elterngeneration. Ein gegenteiliges Phänomen ist zu beobachten: Die Jugendkultur hat sich mit ihren vielen trendigen Szenen zu einem von Sport- und Modemarken durchkommerzialisierten Freizeitpark gewandelt, zu dem plötzlich auch Erwachsene Zutritt haben. Fünfzig- oder sogar Sechzigjährige mit Basecaps und Sneakers scheinen manchem ein Indiz dafür, dass Jugend kein Alter, sondern ein Bewusstseinszustand ist. Das ist natürlich Quatsch“ (H. Schulze, Ende der Unschuld, TVSpielfilm 14/2014).
Teenager und ihre Rituale wird es immer geben, sagt Jon Savage. Aber der Begriff an sich und der gesellschaftliche Stellenwert von Jugend würde stets neu definiert, damit sie Motor der Konsumindustrie bleibe.
Die Besucher der DJ-Night feiern ebenfalls ihre Jugend, werden aber zu großen Teilen froh und dankbar dafür sein, dass es zu ihrer Zeit progressive Diskos gab, in der vieles „Marke Eigenbau“ war, aber eben auch echt, selbstgemacht und nicht vorgegeben und genormt. Oder etwa nicht?
Rauchende Jugendliche in den 1920er Jahren. Quelle: ARTE. Foto: Library of Congress, Public Domain.
„Flapper“ genannte Mädchen pflegten in den 1920er Jahren einen provokanten Lebenstil, über den sich die Erwachsenenwelt empören sollte. Quelle: ARTE. Foto: Library of Congress, Public Domain.
Wilfried
Danke für den Hinweis. War leider zu müde, diesen Beitrag ganz zu sehen. Aber was ich gesehen habe, war schon sehr interessant.