Die LP ist wieder da

In den letzten Monaten erschienen in den Medien diverse Beiträge zum 30. Geburtstag der Compact Disc – auch kurz CD genannt -, die deutlich machten, dass die Zeit dieser einst so innovativen Technologie abzulaufen beginnt.

Als die CD Anfang der 1980er Jahre auf den Markt kam, wurde sie in kurzer Zeit zum alles beherrschenden Musikformat, gegen das die Schallplatte damals keine Chance hatte. Die CD läutete aber auch den Beginn der digitalen Ära ein, die das Kopieren von Musik ohne Qualitätsverluste möglich machte. Der Konsum von Musik änderte sich mit den technischen Gegebenheiten – heute ist das Streamen von Musik das Maß aller Dinge. Zunächst noch als Untergang der HiFi-Musik verschrien, werden mittlerweile Formate entwickelt, die die Klangqualität der CD noch um vieles übertreffen sollen.

Die 1980er Jahre waren dank der CD (im wahrsten Sinne des Wortes) goldene Zeiten für die Musikindustrie: viele Schallplattensammler kauften sich ihre Alben noch einmal auf CD, die CD selbst war einfach und kostengünstig in großem Umfang zu erstellen – es ist kein Wunder, dass die Musikindustrie bis heute große Probleme hat, den Wandel zu akzeptieren und sich an ihn anzupassen.

Und die Schallplatte? Sie ist keineswegs gänzlich vom Markt verschwunden, wie es eine Zeit lang aussah. Ganz im Gegenteil, die Schallplatte erlebt derzeit ein nie für möglich gehaltenes Comeback, allein im vergangenen Jahr stiegen die LP-Umsatzzahlen in Deutschland um 20 Prozent. Bei vielen Produktionen bzw. Veröffentlichungen ist es mittlerweile wieder üblich, auch eine Vinyl-Variante anzubieten.

Offensichtlich treffen die analogen schwarzen Scheiben auf ein gesellschaftliches Bedürfnis, vielleicht ein bisschen nach einer gewissen Entschleunigung des Lebens, vielleicht nach der Stofflichkeit und Präsenz des großen, oft kunstvollen Covers, vielleicht nach einer gewissen sozialen Aufladung unserer vom Konsum geprägten Welt – was ist schließlich das Verschenken eines Download-Codes gegen das Überreichen einer Schallplatte oder einer CD?

Im Zentrum der heutigen Schallplattenproduktion steht die Optimal Media Productions GmbH in Röbel an der Müritz, einer der größten Schallplattenproduzenten Europas. Die Frankfurter Rundschau schreibt dazu in ihrem Beitrag „Und sie dreht sich doch„:

„Mit vier Plattenpressen hat Optimal einst angefangen, jetzt sind es 19 – blass grüne Ungetüme aus einer Epoche, in der Maschinen kaum mehr Elektronik hatten als ein Hühnerei. Es sind die letzten Überlebenden des Analogzeitalters in der Musikindustrie. Die jüngste Presse ist 32 Jahre alt. Die schwedische Firma Toolex Alpha, die die Maschinen schuf, gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Wer heute Platten pressen will, ist auf alte Bestände angewiesen. Eine der Pressen in Röbel ist eine Leihgabe des Technischen Museums in Berlin. Die anderen wurden in alten Lagerhallen und Schrottplätzen in England, Frankreich oder Skandinavien aufgestöbert. In den Kellern der Firma stehen noch 26 Maschinen zur Ersatzteilgewinnung.“

Der neuen Euphorie um die Schallplatte trauen nicht alle: „Dass das Alte das Neue ablöst, das gab es noch nie“, sagt z.B. der deutsche Bundesverband Musikindustrie (zitiert nach dem FR-Beitrag „Und sie dreht sich doch„).

Viel wahrscheinlicher ist es, dass es stets Neues geben wird, aber das Alte durchaus daneben bestehen kann. Kulturwissenschaftler nennen so etwas „die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ und sehen dies als Grundkonstante unserer modernen Welt – kein Nacheinander, sondern ein Nebeneinander. Zumindest im Fall der Schallplatte werden dies viele auch vollkommen in Ordnung finden.

Wilfried

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