Fehmarn-Festival

In den USA waren gerade mit dem Altamont Free Concert am 6. Dezember 1969 die Utopien der 1960er Jahre zu Grabe getragen worden, da wagten sich in Deutschland 3 Enthusiasten daran, ein deutsches Gegenstück zum legendären Woodstock-Festival auf die Beine zu stellen.

Das so genannte „Love-and-Peace-Festival“ vom 4. bis 6. September 1970 auf der Insel Fehmarn verlief insgesamt äußerst chaotisch, hat sich aber dennoch – oder gerade deshalb – neben dem Burg-Herzberg-Festival und vor den anderen Rock-Festivals der 1970er Jahre einen Platz im Legendenschatz der deutschen Rockgeschichte erobern können, weil Jimi Hendrix hier seinen letzten Auftritt kurz vor seinem Tod am 18. September 1970 hatte.

Das geplante Veranstaltungsprogramm war mit CRAVINKEL || BURNING RED INVANHOE || FOTHERINGAY || RENAISSANCE || TASTE || CACTUS || COLOSSEUM || JOHN SURMAN TRIO || FRUMPY || AARDVARK || GINGER BAKERS AIRFORCE || FAT MATRESS || KEEF HARTLEY BAND || THE FACES || PETER BRÖTZMANN || MUNGO JERRY || CANNED HEAT || SLY & THE FAMILY STONE || CLUSTER (angekündigt als „JERRY & KLUSTER MUSIK“ || WITTHÜSER UND WESTRUPP || JIMI HENDRIX || EMBRYO || THRICE MICE || FLOH DE COLOGNE || LIMBUS 4 || ROTE STEINE (eine Art Ur-TON STEINE SCHERBEN || TEN YEARS AFTER durchaus hochkarätig und lockte ca. 15.000 bis 20.000 Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet auf die Ostseeinsel.

Bereits der erste Festivaltag stand unter keinem guten Stern. Starker Wind und sintflutartige Regenfälle hatten das Gelände schon vor dem ersten Auftritt in einen Schlammplatz verwandelt. Der Auftritt der ersten Band Cravinkel (mit dem späteren Trio-Gitarristen Gert Krawinkel) musste ebenso wie der Auftritt von Renaissance wegen technischer Probleme abgebrochen werden, Taste, Collosseum und Cactus traten gar nicht erst auf. Zu allem Unglück hatte sich eine Truppe von 180 Rockern der Hells Angels selbst zu „Ordnern“ ernannt und drangsalierte das Festivalpublikum nach Kräften.

Trotz aller Widrigkeiten warteten die Massen geduldig auf den Auftritt von Jimi Hendrix, der endlich am dritten Festivaltag zur Mittagszeit die Bühne betrat. Die Band absolvierte ihren Auftritt relativ routiniert, obwohl Jimi Hendrix von einigen Besuchern als ausgebrannt empfunden wurde und ihnen auffiel, dass die Mitglieder der Band kein Wort miteinander sprachen.

Nach dem Konzert von Jimi Hendrix verließen viele Gäste das Festival, das nun zunehmend chaotische Ausmasse annahm, insbesondere weil sich bald herausstellte, dass viele Helfer noch nicht bezahlt worden waren und die Tageskasse mitsamt den Veranstaltern verschwunden war. Nur mit Mühe gelang es, die gereizte und aufmüpfige Atmosphäre in den Griff zu bekommen.

Lange Jahre wagte sich niemand an eine Neuauflage des Festivals. Seit 1995 finden aber auf Fehmarn wieder alljährlich am ersten Samstag im September Jimi-Hendrix-Revival-Festivals – auch kurz „Jimi“ genannt – statt.

Das „Love-and-Peace-Festival“ auf Fehmarn ist im Netz recht gut dokumentiert:

LOVE & PEACE OPEN AIR FESTIVAL FEHMARN 1970

Jimi-Hendrix-Revival-Festival

Schlammbad mit Jimi Hendrix

Rock-Festivals der Siebziger

Vom Auftritt Jimi Hendrix‘ auf dem Fehmarn Festival existieren Audio-Aufnahmen, die man sich allesamt auf Youtube anschauen bzw. anhören kann. Das folgende Youtube-Video zeigt ebenfalls Jimi Hendrix, macht aber den ganz anderen, ambitionierten und vielseitigen Künstler hörbar, der Jimi Hendrix auch war. Mit „Moon, Turn the Tides … Gently Gently Away“ vom Album „Electric Ladyland“ lotete der Gitarrist ganz neue Klangräume aus, die in die Zukunft wiesen – eine Zukunft, die er selbst leider nicht mehr erlebte.

Nachtrag: Da „Moon, Turn The Tides … Gently Gently Away“ schon lange nicht mehr auf Youtube zu hören ist, folgen nun die 3 Teile der Dokumentation „Das Letzte Konzert“ über Jimi Hendrix auf Fehmarn aus dem Jahr 1995, in denen man auch viel über das Festival selbst und seine Zeit erfährt …

Wilfried

3 Gedanken zu „Fehmarn-Festival“

  1. Möchte hier nur auch nochmal feststellen das es keine Hells Angels
    waren auf Fehmarn. Denn die gab es erst ab 73 in Hamburg. Die da waren aus Hamburg waren vom Mc Bloody Devils,die auch 1-2 jahre später im FILM “ Rocker“ sich selbst spielten. Es gab nur 2 Fraktionen damals Hippies und Rocker. Zu den Rockern zählten auch
    15 -bis 18 Jährige die halt ne Lederjacke anhatten und meist etwas agressiv daher kamen. Guckt euch mal die Bilder an,das die soviel Angst verbreiteten,wundert mich heute im Nachhinein auch.
    Zu Heike —Kommentar
    Es gab schon 1973 ein Scheessel Festival mit Chuck Berry ,jane etc. Aber das war wohl schlecht beworben,so das ich es seinerzeit nicht mal mitbekommen habe.
    Das legendere Scheessel Festival war im Sept. 1977 und Golden Earring spielte dort als letztes,weil dann ewig nichts mehr kam ging ne Weile später die Bühne in Flammen auf und am anderen tag wurden 6 grosse LKW- Container geplündert und keiner hat uns dran gehindert. Man stellte sich in der Reihe an,breitete die Arme aus und man bekam so viel verabreicht wie man gerade tragen konnte . Ich erwischte den Getränke Container und bekam 3 oder 5 paletten Sprudel und Sinalco Cola mit auf dem Weg.
    Geärgert habe ich mich beim Brand das ich keinen Platz hatte für ne grosse Box im Auto. Die hätte man mitgehen lassen können ,was andere auch gemacht haben. Sogar ein Mischpult wurde wohl versucht wegzuschleppen. Mit den Sprudel Dosen bekam ich etwas zurück für mein Geld ,da ja nur 3-4 Bands dort spielten.
    Alles schön nachlesen kann man in dem 2007 er Buch „40 Jahre Open AIR – Von Musikern,Machern & Mobiltoiletten“
    Die 40 Jahre fangen praktisch mit dem MONTERREY Festival an im Sommer of Love und bis 2007 ist sehr viel drin ,Schüttdorf,Halbemond,Wacken, Roskilde,Umsonst und Draussen usw.
    Sehr gut gemacht das Buch. Herrausgeber ist F. Koopmann von Scorpio Konzert ( Hurricane)

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  2. Auch in diesem Jahr geht das Fehmarn-Open-Air wieder an den Start. Alles darüber findet Ihr auf: http://www.fehmarn-party.de/fehmarn-open-air.htm
    Folgende Bands sind 2010 mit dabei: The Brew, Henrik Freischlader Band, Miller Anderson, Wolf Maahn, Jimmi Bowskill, Todd Wolf Band, The Rustiers, Meiselgeier, Double Vision, Aussenborder u.v.a. Mehr Bandinfos gibt es auf: http://www.fehmarn-party.de/fehmarn-open-air-diese-bands-spielen-beim-festival.htm

    L.G. von der Insel
    Birthe

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  3. hi Wilfried,
    schöner Sound, ich höre gerade zu, während ich hier schreibe. 😉
    Als das Fehmarn-Festival stattfand, war ich gerade 11, aber wir hatten jemanden in unserer Quakenbrücker Clique, der sich immmer, wenn es sich irgendwie ergab, damit rühmte dabei gewesen zu sein. Er war schon ein besonderers seltsamer Kauz, aber wir waren fasziniert von seinen Erzählungen und haben ihn allein schon wegen „Fehmarn“ bewundert.
    Du hast ja neulich nach ersten Konzerteindrücken gefragt, und ich habe lange überlegt, was ich dazu schreiben könnte. „Santana“ habe ich damals in irgendeiner Turnhalle gesehen, ich weiß aber gar nicht mehr, wo das war. „Yes“ hat in der Münsterland-Halle gespielt, und da die Halle gerade umgebaut wurde, haben wir uns mit bestimmt 30 Leuten mittels Leitern über die Baustelle zu einem Oberlicht hochgearbeitet und sind dann dort eingestiegen. Meine Güte, die Bühne war so weit weg, dass die Bandmitglieder wie Spielzeugfiguren aussahen und der Sound war unglaublich gut. Jane habe ich irgendwo in Cloppenburg gesehen. Das Chaotischste, was ich aber erlebt habe, war eindeutig das Festival in Scheeßel. War das 1975? Irgendwann hat nachts die ganze Bühne gebrannt, aber ich glaube „Golden Earing“ hat vorher noch gespielt und Camel auch? Hm, ich weiß es echt nicht mehr so genau, das Gras war einfach zu gut. 😉 Am nächsten Morgen wurden dann die Container gestürmt und niemand griff ein. Der Veranstalter war wohl mit der Kasse durchgebrannt. Sting stand Ende der 70er in Bremen im Aladin im quietschroten Lederoutfit auf der Bühne. Damals hat er noch selbst die Technik mit abgebaut. Peter Gabriel in Oldenburg, Grobschnitt, Pink Floyd, Canned Heat, Eloy, usw…. die Musik ist aus. LG

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