Fotoschatz aus Hippie-Zeiten

Bei den Recherchen für die Ausstellung zur Diskothekengeschichte im Weser-Ems-Gebiet im Schlossmuseum Jever wurde recht schnell deutlich, wie schwierig es sein würde, an Fotos heranzukommen, mit denen man die „Szene“ der 1960er und 1970er Jahre dokumentieren könnte. Wer hatte schon früher eine Kamera, und wer hatte sie den ganzen Tag und bei allen Gelegenheiten dabei?

Mit einem Schlag wird jetzt alles anders. 120 000 Bilder hat John Chikago (ein Künstlername) in seiner Jugend gemacht, ohne künstlerischen Anspruch, aus Spaß an der Sache. Wohlbehütet wuchs er in einer Oldenburger Lehrerfamilie auf. Seine erste Kamera begam er im Alter von 8 Jahren von seinem fotografiebegeisterten Vater geschenkt. Und John Chikago legte los.

Seine Jahre in Oldenburg, das Studium in Göttingen, die deutsche Hippie-Szene – alles hat er festgehalten, immer wieder, mit immer neuen Kameras, wie im Spiel, wie im Rausch. „Es ist die Geschichte eines Mannes, der niemals professioneller Fotograf werden wollte, für den eine Kamera ’nur ein Kasten mit einem Loch‘ war – und dem dennoch äußerst ausgefallene, authentische und witzige Fotos aus dem Deutschland der sechziger und siebziger Jahre gelangen. Ein Dokumentar der blühenden Hippie-Szene, der sich nie als Dokumentar verstand“, schreibt Christoph Gunkel in seinem Beitrag zur Entdeckung des Jahres auf Spiegel Online (eines tages).

John Chikago ist mittlerweile 66 Jahre alt und beschäftigt sich seit längerem intensiv mit seinen jahrzehntelang auf dem Dachboden vergessenen Bildern, die er nach und nach systematisch einscannen lässt. In einer Online-Galerie unter dem Motto „We Want Your Daughters“ kann man sich eine Auswahl anschauen.

„Der Name We Want Your Daughters (WWYD) spielt auf die Angst des 60er Jahre Bürgertums an, dass Hippies und Beatniks ihre Töchter verderben könnten. ‚We Want Your Daughters‘ wurde als Antwort eindeutig (und ironisch) von den gefürchteten Hippies und Beatniks in die Welt hinaus gekrakelt und gekritzelt“, schreibt das Betahaus in Köln, wo zur Zeit – nach Hamburg und Budapest – eine Ausstellung mit Bildern von John Chikago zu sehen ist.

Abgesehen von diversen Konzertfotos seiner Lieblingsbands sind die Fotos John Chikagos nicht spektakulär oder gestellt, sondern ganz einfach nur Einblicke in das Alltagsleben einer Welt, wie wir sie kannten oder eben auch nicht kannten … Die Bilder einer vergangenen Zeit aus Oldenburg, Varel, Göttingen, Bielefeld und vielen anderen Orten sind aus heutiger Sicht oft lustig, manchmal traurig, zuweilen erhellend, immer aber atmosphärisch und dicht. „John Chikago hielt die wilden Zeiten mit seinem Fotoapparat fest und bewies dabei großes Gespür für die richtigen Augenblicke. Jedes Bild hat seine eigene Geschichte und erzählt sie manchmal scheinbar von selbst.“ So steht es auf der Facebook-Seite zur Ausstellung im Betahaus Köln und dem ist nichts hinzuzufügen.

Manchmal sind die unspektakulären Ereignisse prägender für eine Zeit als die allseits überlieferten Highlights. Dies gilt natürlich auch für die Musik und inbesondere für die 1960er und 1970er Jahre, die kreativsten Jahrzehnte aller Zeiten. Wir hören ein Youtube-Video von „In Reverse/Some Day“ der Band Stray, die 1970 mit der LP „Stray“ einen Klassiker des psychedelischen HardRocks vorlegte und eine der ersten Bands war, die eine eigene Lightshow mit auf ihre Tourneen nahm. Heute sind Stray selbst Insidern kaum noch ein Begriff – auf welchem Dachboden man wohl eines Tages ihre LPs hervorkramen und als wichtig erkennen wird?

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Wilfried

P.S.: John Chikago sucht für seine Wanderausstellung ständig neue, passende „Locations“. Nur Museen sollten es nicht sein, denn dort sei „Kunst nicht überraschend“. Er suche dagegen Partner, „die das wilde Lebensgefühl der 60ies und 70ies als Bereichung betrachten statt als Bedrohung“.

4 Gedanken zu „Fotoschatz aus Hippie-Zeiten“

  1. Auch schon wieder gesperrt.!
    Das first Album von STRAY kam damals auch über Philips in den Plattenladen Radio Schubert Jever. Ich habe weder vorher noch nach dieser Zeit nie wieder so begeistert ein ALBUM vom Fleck weg gekauft. Mehrere Titel kurz angespielt,Begeisterung pur empfunden und mitgenommen. Leider auch noch nie so schnell eine platte kurz danach überhört und dann jahrzehnte nicht mehr gespielt. Vor fast 10 jahren dann bei Ebay verkauft.
    Stray spielte 2002 beim Herzberg Festval und dann nochmal 2004
    beim Burg Herzberg Ost festival am frühen Morgen. Auschnitt ist auch zu sehen (noch) bei YOU Tube :Burg Herzberg,Jethro tull 2004.

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  2. Das ist genau das was wir suchen, eine originelle Location können wir mit unserer Musicland Party bieten. Müsste aber schnell gehen.

    Kulturverein Lift e.V. 49626 Bippen/Restrup

    Kontakt: 0541 26457 abends oder tagsüber 0541 9450009

    Gisbert Wegener

    PS: Und Stray haben wir natürlich auch im Programm

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