Am 17. Januar 2015 wartet ARTE um 22:00 Uhr wieder mit einer feinen Doku zu einem Kernthema der Rockmusik auf. „Hauptsache laut“ ↑ widmet sich der wohl als allgemeiner Konsens geltenden Meinung, dass Rockmusik vor allem laut gehört werden müsse. Die Lautstärke ist zudem auch ein Qualitätsmerkmal guter Rocksongs, das kann jede(r) bekräftigen, der/die Musik z.B. im Radio hört – die „guten“ Songs werden lauter gemacht, bei „schlechten“ Songs die Lautstärke gedrosselt.
Die Doku „Hauptsache laut“ will nun klären, warum dies so ist und seit wann. Wenn man sich die zahlreichen Videos aus den frühen 1960er Jahren anschaut, in denen die euphorische Zuschauermenge stets lauter tönte als die Künstler, so wird zunächst einmal klar, dass ein technisches Problem am Anfang stand. Die gängigen Musikanlagen bzw. Verstärker waren einfach nicht leistungsfähig genug. Eine neue Generation von Verstärkern musste her, damit etwa Dave Davies, der Gitarrist der Kinks, das erste Hard-Rock-Riff der Welt von „You Really Got Me“ auch entsprechend laut und unüberhörbar in die aufhorchende Musikszene hineindrücken konnte.
Im Marshall Amp Museum Germany ↑ in Friedland lässt sich dieser Wandel der Musiktechnik anhand der heute legendären Marshall-Verstärker wunderbar nachvollziehen.
Als Jimi Hendrix die Bühnen der Welt betritt, fangen plötzlich alle Gitarristen an, an ihren Instrumenten herumzubasteln, um noch einen neuen Klang und noch ein bisschen mehr Lautstärke herauszuholen. Die Gitarren kreischen lauter und aggressiver und finden in der wütenden und rebellierenden Jugend der späten 1960er Jahre ein dankbares Publikum.
Der mit Bands wie Led Zeppelin oder Black Sabbath aufkeimende Hard- und Heavy-Rock wird zur bestimmenden Rockmusik der frühen 1970er Jahre und setzt schließlich die Trends, die mehr oder weniger noch heute gelten. Deep Purple gelten über lange Jahre als lauteste Rockband der Welt, bis die Metaller von Manowar 1994 mit 129,5 Dezibel einen neuen Rekord aufstellen. Ian Gillan von Deep Purple sieht die krachenden Sounds von einst heute differenzierter: „Nur Krach ist so langweilig wie Stille“ (Die volle Dröhnung, TV-Spielfilm 2/15, S.13).
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an ein Konzert im heimischen Jugendzentrum. Die Band „Bullfrog“, eine Krautrockcombo aus München, gastierte und präsentierte einen durchaus gefälligen, ein wenig an die Klassenbesten JANE erinnernden Rock, dies aber in einer Lautstärke, dass etwa 2/3 der Besucher den (relativ kleinen) Raum verließen und vor der Eingangstür den nun lautstärkemäßig einigermaßen erträglichen Klängen lauschten. Die Band selbst dachte gar nicht daran, ihre Lautstärke zu reduzieren, das ginge gar nicht, das würde nicht passen …
In vielen Fällen muss Rockmusik laut gehört werden, denn deren Energie und Kraft beruht schlichtweg zu einem großen Teil darauf. Dennoch sind und werden heute und morgen vermutlich die Bands und Künstler am erfolgreichsten (sein), die kreativ mit Lautstärke, sprich den Gegenpolen von Laut und Leise umgehen und daraus immer neue Spannungsbögen kreieren können.
Es geht doch: Bullfrog mit „A Housepainter’s Song“:
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Wilfried
Laut ist so eine Sache. Es ist toll, wenn man den Bass spürt. Nicht so schön ist es, wenn die hohen Töne weh tun. Und wenn man nach 30 oder sogar 50 Jahren Rock’n’Roll seinen Tischnachbarn nicht mehr versteht – wohlgemerkt ohne Musik – dann ist die Bereitschaft für laute Mucke schon mal reduziert.
Das mit den Gegenpolen ist wichtig. Die meisten alten Platten hatten ordentlich Bandbreite zwischen laut und leise – bis dann so um 1993 Marketingstrategen auf die Idee kamen, alles laut zu machen. Habt ihr euch schon mal gefragt, warum ein Song, den ihr früher so genial fandet, heute öde klingt? Da ist der “Loudness War” dran Schuld. Zum Glück ändert sich das aktuell wieder.
Hier am Beispiel Ramones – das kann man mit fast allen Rock- und Popbands wiederholen: http://dr.loudness-war.info/album/list/year/desc?artist=ramones