Noch vor wenigen Jahren waren Ausstellungen zum Thema „Rockmusik“ in den meisten Museen ein Tabu. Das lag zum einen an den Museen selbst, die ihre Arbeit zumeist als „Erschließung, Sicherung, Bewahrung und Vermittlung unseres kulturellen Erbes“ beschreiben. Die Rockmusik gehörte offensichtlich nicht dazu. Zum anderen erwarteten aber auch die Fans der Rockmusik als potenzielle Museumsbesucher in dieser Hinsicht nichts von den „altehrwürdigen“ Institutionen und mieden sie.
Bis heute haben Museen daher in einigen Kreisen einen schlechten Ruf. Gerade Musikzeitschriften (wie z.B. recht oft der Musikexpress) verwenden Begriffe wie eben „Museum“ oder „museal“ in einem negativen Sinne. „Gitarren ins Museum“ ist ein Schlachtruf derjenigen, die etwas loswerden und einschließen wollen, das ihnen nicht ins Hipster-Konzept passt. Von Museen erwarten sie offensichtlich keine sinnstiftende Auseinandersetzung mit der Gegenwart (mehr), das Museum wird so logischerweise zur reinen Verwahranstalt.
Wer sich aber nicht nur in diversen Filterblasen zuhause fühlt, sieht, dass sich etwas zu ändern beginnt, bei den Museen und bei den Fans. Ausstellungen wie die Ausstellung zu den einstigen progressiven Diskotheken der Weser-Ems-Region im Schlossmuseum Jever im Kleinen und z.B. die David-Bowie-Ausstellung aus dem Londoner Victoria & Albert Museum, die bei uns in Berlin und Groningen zu sehen war, im Großen haben einiges verändert und müssen etwas richtig gemacht haben.
Mit „The Pink Floyd Exhibition: Their Mortal Remains“ ↑ (also in etwa „Die sterblichen Überreste von Pink Floyd“) hat das V&A gerade die nächste große Ausstellung zur Rockmusik – eine große Pink-Floyd-Retrospektive, ein wie bei diesem Museum üblich objektsattes und kunstvoll komponiertes Statement zu einer der (bis heute!) einflussreichsten Rock-Bands der Welt – abgeschlossen, die wieder weltweit auf Wanderschaft gehen wird. „Gesamtkunstwerk: Pink Floyd sind, wo sie hingehören – im Museum“ ↑ schreibt denn auch die Welt dazu (Die Welt, 12.05.2017).
Ab Herbst 2018 wird die Ausstellung über Pink Floyd für ca. ein halbes Jahr im „Dortmunder U“ ↑ zu sehen sein. Obwohl die Ausstellung ja bereits fertig ist, rechnet man mit weiteren Kosten von 5 Millionen Euro allein für die Dortmunder Variante des Pink-Floyd-Events plus Rahmenprogramm. Es wird sich zeigen, was dabei herauskommt … für einen gewissen Gigantismus ist die Band ja selbst auch durchaus bekannt … die 1977er „Animals“-Tournee mit ihrer bis dato unvorstellbaren Materialschlacht war schließlich auch eine Initialzündung bzw. Rechtfertigung für die Punk-Bewegung, die ja für kurze Zeit tatsächlich eine Revolution war.
Eine Ausstellung zu einem Thema der Rockmusik ist nicht automatisch erfolgreich, gut oder ein Selbstläufer. Darauf verweist die Kuratorin der Pink-Floyd-Ausstellung, Victoria Broackes ↑, die auf die Frage „In der Vergangenheit hat das V&A ja die sehr erfolgreiche David Bowie-Ausstellung gezeigt. Funktionieren Ausstellungen über Popstars per se gut?“ antwortet: „Gute Frage! Nein, ich würde sagen, das funktioniert nicht einfach so. Es gab nachher auch noch ein zwei andere Bowie-Ausstellungen anderswo, die nicht liefen. Es reicht also nicht, nur viele Dinge anzuhäufen, einen Haufen Geld reinzubuttern und auszustellen: Es muss eine interessante Geschichte erzählt werden. Davon gibt es natürlich viele, daher muss man seine ganz eigene Erzählweise finden“.
Kritikpunkte wird man sicherlich einige finden und auch die Interessen der Musikindustrie hinter solchen Ausstellungen mögen nicht immer im Sinne der Erfinder sein – grundsätzlich darf man sich aber auf die „Hinterlassenschaften einer Rocklegende“ in einem Museum freuen. Hier wächst etwas zusammen, das mit allseitigem guten Willen durchaus zusammenpassen kann.
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Wilfried