Die psychedelische Spielart der Rockmusik – unter dem Begriff „Psychedelic Rock“ zusammengefasst – ist vielleicht die einzige Underground-Strömung in der Rockmusik, die sich ihre Wirkung und ihren Einfluss bis heute bewahrt hat und keineswegs nur in retrolastigen Nischenkulturen zu finden ist.
Allen voran The 13th Floor Elevators, aber natürlich auch Bands wie The Beatles, The Byrds, The Doors, Grateful Dead, Jefferson Airplane, The Jimi Hendrix Experience und Pink Floyd haben seit etwa 1965 dieser Musik ihren Stempel aufgedrückt, wobei jedoch nicht alle genannten Künstler „Psychedelic Rock“ spielten, sondern „lediglich“ psychedelische Elemente in ihre Musik einfließen liessen – ein kleiner, aber letztlich entscheidender Unterschied.
In den 1980er Jahren fügten Bands wie Suicide oder Spacemen 3 dem „Psychedelic Rock“ in hohen Dosen Elemente wie montone Wiederholungen – Loops – und fortschreitend düstere Texte hinzu, während in den 1990er Jahren viele Protagonisten des Genres die metallischen und dröhnenden Gitarrenwände des Stoner Rocks in ihre Stücke einwoben.
Aus heutiger Sicht sehr interessant ist ein Entwicklungsstrang des „Psychedelic Rocks“, der jahrelang „Psychedelic Trance Rock“ genannt wurde und sich bis heute Fans und Freunde bewahrt hat. Zwar ist mittlerweile eine äußerst weitverzweigte Szene mit ganz unterschiedlichen Sounds und Publikum entstanden, aber es sind vor allem Bands wie Younger Brother, die durch Vermischung von traditionellen rockigen mit elektronischen Klängen eine wirklich faszinierende und neue Musik erschaffen, die sich durch intensive Klangmanipulationen und monotone Gitarrensequenzen sehr elektronisch anhört, aber auch live uneingeschränkt und sehr druckvoll gespielt werden kann. Nicht nur auf Hippie-Festivals wie dem Herzberg Festival ist diese Musik immer noch sehr populär, wie es im Wikipedia-Artikel zum „Psychedelic Rock“ ↑ heißt.
Dieser ansonsten sehr ausführliche und informative Artikel legt aber in gewisser Weise auch eine falsche Fährte, wenn es dort heißt, dass „(a)ls wesentliche Gemeinsamkeit der beteiligten Interpreten […] sich die Verwendung ungewöhnlicher und neuartiger Klänge sowie der bisweilen experimentelle Umgang mit Songstrukturen feststellen (lässt), die vormals einfacher gehalten waren“.
Ein wesentliches, vielleicht das entscheidende Element des „Psychedelic Rock“ ist nämlich darüber hinaus ein gewisser Irrsinn in Klang und Text und eine gewisse Hysterie in Gesang und Ausdruck, die dafür sorgen, dass der „Psychedelic Rock“ eine Spielart des Underground-Rocks ist und dort auch verbleibt – ansonsten wäre es kein „Psychedelic Rock“ mehr, sondern eben mehr oder weniger schräge Unterhaltungsmusik, die den Aufstieg in den Mainstream geschafft hätte.
Der klassische und auch einleuchtendste Beleg für diese These findet sich in Gesang und Sound der 13th Floor Elevators, die mit dem 1966er Album „The Psychedelic Sounds Of The 13th Floor Elevators“ auch als Erste den Begriff „Psychedelic“ in der Musik vermarkteten. Neben der „energisch kreischende(n) Stimme von Roky Erickson“ ↑ ist es vor allem der Sound des mit einem Mikrofon elektrisch verstärkten „Jug“ (einer größeren, bauchigen Flasche, in die hinein geblasen wurde), der im Hintergrund ihrer Songs mit seinen hohen, rhythmischen Stakkatotönen einen immer leicht irritierenden und ungewöhnlichen Klangteppich legte.
Wie viel kreative Kraft immer noch im „Psychedelic Rock“ steckt, bewies vor einigen Monaten der ehemalige „Pulp“-Gitarrist Richard Hawley mit seiner neuen Platte „Standing At The Sky’s Edge“. Auch wenn einem die eine oder andere Melodiefolge oder der eine oder andere Sound bekannt vorkommen mag, sorgen doch die düsteren Stories aus der dahinsiechenden einstigen Stahl-Metropole Sheffield für eine ganz und gar aktuelle und diesseitige Atmosphäre. Eine tolle Platte, die viel mehr Aufmerksamkeit unter den Rockfans verdient hätte.
Das eigentliche Kraftzentrum des „Psychedelic Rock“ scheint aber nach wie vor in San Francisco zu liegen, das auch heute noch hochkarätige Bands dieses Genres hervorzubringen vermag. Die vielleicht bekannteste Band unter diesen, Wooden Shjips, vereint so unterschiedliche Einflüsse und Klänge wie „Suicide, Loop, The Velvet Underground, The Doors, Soft Machine and Guru Guru“, wie es im Artikel zu „Wooden Shjips“ in der englischsprachigen Wikipedia heißt ↑.
Bei Youtube findet sich so manches Beispiel für den Sound der „Wooden Shjips“ – wir hören hier zwei besonders prägnante Beispiele, die vielleicht Lust auf mehr machen: „Contact“ und anschließend „Dance, California“ …
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Wilfried