Livemusik sells. Und immer deutlicher wird, dass die großen Sommerfestivals mittlerweile „Goldgruben“ geworden sind, die den Veranstaltern jeweils einen schönen Winter bescheren. Diese Festivalitis hat inzwischen über 500 Orte allein in Deutschland erfasst, wenn man die Grenzen zwischen Rock, Jazz und Klassik nicht zu eng ziehen will. Praktisch jede Lokalzeitung berichtet heutzutage über diesen „Urlaub vom Alltagstrott“ (NWZ) und bietet Tipps und Übersichten für Festivals im In- und Ausland.
Diese „rasante Kommerzialisierunng der Branche“ (ClassicRockMagazin) gebiert auch Nebenwirkungen, die man nicht unterschätzen sollte. Die Zahl der Mega-Acts ist relativ klein und manche bekommt man nur im Bündel mit qualitativ weniger überzeugenden Künstlern. Um die hohen Kosten zu refinanzieren, werden Sponsoren ins Boot geholt, die so manches Festivalgelände in einen Ausstellungsparcours für ihre Produkte verwandeln. Auch die Eintrittspreise kennen nach oben hin offensichtlich keine Grenzen.
Bekanntestes Beispiel für die grassierende Gigantomie ist das geplante Desert Trip Festival in Indio, Kalifornien, das dort vom 7. bis 9. Oktober 2016 stattfinden wird – mit den größten noch lebenden Rocklegenden aller Zeiten. Die Eintrittspreise liegen bei 1.599 Dollar für einen Platz mit guter Sicht, weiter hinten kann man es sich auch schon für 399 Dollar gemütlich machen. Was für ein Publikum dort zusammenkommen wird, lässt sich denken, die Karten waren bereits 3 Stunden nach Verkaufsbeginn ausverkauft …
Andererseits hat die Festival-Begeisterung aber auch ihr Gutes, denn davon profitieren natürlich auch die kleineren, alternativen Veranstaltungen der diversen Underground-Szenen quer durch die Republik. Hier bestimmen der Idealismus und die individuelle Auswahl der Veranstalter das „Line-Up“, und das Publikum kommt in der Erwartung, neue und frische Bands und Künstler zu erleben und zu entdecken.
Neben schon länger existierenden Events wie dem Burg Herzberg Festival ↑, dem Haldern Pop-Festival ↑, der Zappanale ↑ in Doberan und dem Finkenbach-Festival ↑ von Guru Guru’s Mani Neumeier, die emsig ihr positives Image pflegen, versuchen sich derzeit eine ganze Reihe von weiteren Underground-Festivals zu etablieren, die alle Aufmerksamkeit verdienen. Ein paar Hinweise (weitere Tipps sind höchst willkommen):
Freak Valley ↑ (Netphen)
Zeltspektakel ↑ (Winterbach)
Leafmeal Festival ↑ (Dortmund)
Desertfest ↑ (Berlin)
Psychedelic Spacerock Festival ↑ (Salzkotten)
Rock Of Ages ↑ (Seebronn)
Generation Prog ↑ (Nürnberg)
Prog the Castle ↑ (Heidelberg)
Psychedelic Network Festival ↑ (Würzburg)
Stoned From The Underground ↑ (Erfurt)
Krach am Bach ↑ (Beelen)
Maifeld Derby ↑ (Mannheim)
FreakShow Artrock Festival ↑ (Würzburg)
German Kultrock Festival ↑ (Balver Höhle).
Auf dem Desert Trip Festival werden die Rolling Stones, Bob Dylan, Roger Waters, The Who, Paul McCartney und Neil Young zu sehen und zu hören sein. Auf den Underground-Festivals geht man auf eine ganz andere Reise:
Electric Orange – „Krautrock From Hell“
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Baby In Vain – „Corny # 1“
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Asaf Avidan – „Your Anchor“
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Wilfried
P.S.: Julia von Wimdu hat mich angeschrieben. Sie hat zwei Beiträge mit einer Übersicht zur Festivalsaison 2016 in Deutschland verfasst. Dort sind auch wunderschöne Info-Grafiken zu ausgewählten Festivals zu finden, die sich in eigene Beiträge einbetten lassen. Wer sich für das Thema und die Grafiken interessiert, möge bitte unbedingt die folgenden Seiten aufsuchen. Es lohnt sich!